Wissenschaftsradio: Roswitha Breckner, Forschung zu Facebook

„Facebook“ ist längst ein großes, gesellschaftliches
Phänomen. Nicht nur die junge Zielgruppe, auch Personen, die 50, 60
(oder sogar darüber) sind, nutzen dieses soziale Netzwerk. Und die
Kommunikation wandelt sich ständig: „Die Jüngeren chatten nicht mehr auf
Facebook mit ihren Freunden, sie gehen auf WhatsApp oder Snapchat. Das
heißt, es gibt viele Wanderungsbewegungen zwischen den verschiedenen
Plattformen“, erklärt Roswitha Breckner, Soziologin an der Uni Wien.
Ihre Forschung befasst sich u. a. mit Facebook („Bild“- / visuelle
Kommunikation).
„Wir wissen nicht genau, wie sich das Ganze
entwickeln wird, weil es Gruppen gibt, die immer wieder Neues aufgreifen
und wenn es dann von anderen aufgegriffen wird, lassen es die ersten,
die es benutzt haben, wieder fallen.“

Da der Web-Bereich so boomt,
sieht Breckner auch die Gefahr des Anstiegs krimineller Vorgänge (etwa
in Form von Betrug). „Jede neue Technologie öffnet Tür und Tor für
kreative Kriminalität. Es bedarf einer gewissen Zeit, bis man diese
Phänomene erkennt, sieht, was da möglich ist, und sich gesellschaftlich
Strategien überlegt, um das einzudämmen“, so Breckner. Sie gibt zudem zu
bedenken, dass Werbung auf den Social Media immer stärker
„personenbezogen“ operiere. „Sobald wir zulassen, dass rückverfolgt
werden kann, mit welchen Websites wir uns im Internet beschäftigen,
werden wir darauf abgestimmte Werbung bekommen.“ – Ein Problem orten
Forschende auch im Bereich der „Fake News“ (falsche Nachrichten), die
vor allem über Social Media wie Facebook die Runde machen und User nicht
korrekt bzw. nicht ausgewogen über gesellschaftliche Vorgänge
informieren – von der Gefahr terroristischer Anschläge bis zum Thema
„Flüchtlinge“. Der Konzern hat bereits angekündigt, stärker gegen „Fake
News“ vorgehen zu wollen, denen ExpertInnen bescheinigen, zum Wahlsieg
des amerikanischen Präsidenten Trump beigetragen zu haben.

Facebook
ist auch immer wieder in der Kritik wegen des Löschens von Bildern,
KritikerInnen sprechen gar von Zensur. Ein Beispiel ist das berühmt
gewordenen Foto eines kleinen, nackten Mädchens, das vor den
Kriegswirren des Vietnamkriegs flieht – ein zeitgeschichtliches
Dokument, das von Facebook aber gelöscht wurde, da dessen Regeln
Nacktheit / pornographische Inhalte verbieten. Breckner: „Das zeigt,
dass die maschinelle Erkennung von Bildern nach bestimmten Größen und
sichtbaren Teilen funktioniert – aber nicht selbst denkt. Daher kann
nicht unterschieden werden, dass die Darstellung des nackten Mädchens
keine Nacktdarstellung einer Frau ist.“

Wie sieht Roswitha
Breckner das kommunikative Verhalten im Internet in 30 Jahren, wird
unsere Existenz – zugespitzt formuliert – dann vor allem aus
Live-Streams des eigenen Lebens bestehen? „Ich kann mir nicht
vorstellen, dass unser ganzes Leben virtuell stattfindet. Dafür sind wir
doch zu stark Körperwesen“, meint Breckner. – Welches künftige
Forschungsprojekt sie betreiben könnte und wie sehr Medienbilder wie
„Lady Dianas Todesauto“ (Dianas Tod jährt sich heuer zum 20. Mal) unser
Leben prägen, hören Sie im Podcast. Außerdem: Folge 3 der
ForscherInnen-WG – diesmal: Wie wird man ein YouTube-Star?

Foto: Pixabay / Public Domain

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